Katalog zur gleichnamigen Schamp-Ausstellung im Museum Heilbronn, 2013
Alltagsarchäologische Analogobjekte
"Alle anderen Analogobjekte trachten danach, eine Differenz zu erzeugen. Manche auf subtile Weise. Manche überdeutlich. Nur die Venus-von-Milo-Ouzoflasche geht den umgekehrten Weg. Ihr Ziel ist es, differenzlos mit der Umgebung zu verschmelzen. Eine Meisterin der Tarnung und der Täuschung! Es gehört schon einiger Sachverstand dazu, das Objekt in der Vitrine als das zu durchschauen, was es ist: eine zwar originell geformte, aber ansonsten stinknormale Ouzoflasche aus unserer Gegenwart, die bis vor kurzem noch ihr Dasein in einer Kneipe fristete. Keine antike Kostbarkeit. Aber ist sie das wirklich? Wie trivial kann etwas sein, in dem eine Form, die vor über 2000 Jahren erfunden wurde, fortexistiert? Und sind nicht unzählige Objekte in den Museumsvitrinen ebensolche alltäglichen Dinge – nur einfach hunderte Jahre zeitversetzt? Es ist die grundlegende Differenz, auf die das Gebaren der Venus-von-Milo-Ouzoflasche hinzielt. Denn als schaumgeborene Dialektikerin weiß sie, dass etwas im gleichen Augenblick als es selbst wie auch als sein genaues Gegenteil zu existieren vermag."
Matthias Schamp in: Alltagsarchäolgische Analogobjekte, Katalog, Heilbronn 2013
Venus-von-Milo-Ouzoflasche